Neue Leitlinien zur Heilpraktikerüberprüfung

Segen oder Fluch ? Ein persönlicher Kommentar

Nun gilt er also etwas länger als ein halbes Jahr. Der Leitlinienkatalog des Bundesministeriums für Gesundheit zur Überprüfung der Heilpraktikeranwärter/innen. Wie zu erwarten, waren die Meinungen darüber kontrovers. Während die Einen den Heilpraktikerberuf schon in der Geschichte der Fehlleistungen angekommen sahen, lehnten sich die anderen mit einem „Na endlich, wurde auch Zeit“ zufrieden zurück. Aber was ist denn nun eigentlich so anders, als vor dem März 2018? Einige Begriffe wurde gestrichen, bzw. ersetzt.

Was ist neu?

Es geht nun nicht mehr um die „Volksgesundheit“, sondern um den Patienten oder die Bevölkerung. Als „Gegenstände der Überprüfung“ wurde in den letzten Leitlinien von 1992, vereinfacht beschrieben, dass der Antragsteller/in sich in Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie auskennen muss. Die neuen Leitlinien beschreiben dieses nur genauer.

Zusätzlich soll der zukünftige Heilpraktiker ebenfalls in der Lage sein, ärztliche Befunde oder Entlassungsberichte lesen, bzw. deuten zu können. Dazu benötigt der Heilpraktiker die medizinische Nomenklatur. Außerdem soll sich der Antragsteller/in bei den alternativen Therapiemethoden weitestgehend auskennen. Und jetzt? Wird der Beruf des Heilpraktikers, mangels nachfolgender Heilpraktiker aussterben?

Ich meine, nein, das wird er nicht!

Zahlen und Fakten

Es gab und wird immer Stimmen geben, die den Heilpraktikerberuf streichen, bzw. auslöschen möchten. Vergessen wir nicht, dass das alte „Heilpraktikersetz“ von 1939 nur dazu dienen sollte, die Heilpraktiker von der nationalsozialistischen Gesundheitswelt auszuschließen. Doch die aktuellen Fakten sprechen eine eindeutig andere Sprache.

60 Prozent der deutschen Bevölkerung waren oder sind in heilpraktischer Behandlung. Circa 45.000 Heilpraktiker behandeln täglich um die 120.000 Patienten in ihren Praxen und schaffen so mehrere zehntausend Arbeitsplätze. Die Patienten in heilpraktischer Behandlung zahlen jährlich zwischen 600 Millionen bis zu knapp 1 Milliarde Euro für Ihre Behandlung.

Ein Beruf mit Verantwortung

Der neue Richtlinienkatalog präzisiert nur, was für jeden angehenden Heilpraktiker selbstverständlich sein sollte. Die Patienten, die unsere Praxen besuchen, sind in der Regel Menschen mit komplexen Beschwerdebildern. Sie klagen über chronische oder rezidivierende Schmerzen oder Beschwerden des Bewegungapparates oder des Magen-Darm-Traktes. Beklagen Hautprobleme oder nahrungsabhängige Beschwerden. Beschwerden des Herz-Kreislaufsystems oder Allergieproblematiken sind ebenfalls des Heilpraktikers tägliches Geschehen. Sie kommen über Mund-zu-Mund Empfehlung oder, in zunehmendem Maße, auf Empfehlung von Ärzten.

Jeder, der den Beruf des Heilpraktikers ausüben möchte, sollte sich deshalb darüber im Klaren sein, wie hoch seine/ihre Verantwortung ist. Und alle die, die unsere Nachfolger ausbilden, sind sich ebenfalls dieser Verantwortung bewusst. Wir, die Unterrichtenden, die praktizierenden Heilpraktiker, Ärzte, Apotheker, Ernährungswissenschaftler und Psychologen oder Psychotherapeuten, wollen die Heilpraktikeranwärter/innen auf ihren wunderbaren aber auch verantwortungsvollen Beruf vorbereiten. Das dazu der Spruch „vor dem Erfolg steht der Schweiß“ mehr als in Schwarze trifft, ist uns nur allzu sehr bewusst.

Der angehende Heilpraktiker muss wissen, welche Therapieformen er einem Patienten empfehlen kann und welche nicht. Er muss die mitgebrachten ärztlichen Befunde lesen und deuten können, damit die empfohlene Therapie eine Chance auf Erfolg hat.

Fazit

Letztendlich will ein Patient seinem Therapeuten vertrauen. Das ist sein gutes Recht und wir, die Heilpraktiker, werden es wahren. Ganz einfach aus dem Grunde, dass wir gut ausgebildet und versehen sind mit dem Verständnis der Krankheit unserer Patienten, mit dem Verständnis der mitgereichten Befunde und mit der Verantwortung für unsere Mitmenschen. Das Wissen, wann unsere Kompetenz endet und der Schulmediziner an unsere Stelle treten muss, sollte das fundamentale Wissen des Heilpraktikers sein.

In diesem Sinne, ist der neue Richtlinienkatalog nichts anderes, als ein Anstoß, in der Ausbildung nachfolgender Heilpraktiker/innen noch besser, als bisher zu sein.

Allen nachfolgenden Heilpraktikern wünsche ich aus diesem Grunde, eine schweißtreibende aber schöne Ausbildung und viel Erfolg bei der „Heilpraktikerprüfung“.

Ein Gastkommentar von Heilpraktikerin Mona Ellinghoven